Leicht zeichnen sich erste Spuren am Horizont ab. Ganz zart, in der Farbe noch undefinierbar. Glimmendes weiß als Mischung aus allen Farben. Erste Schatten schwinden. Dann, nach und nach, bricht das weiße Licht hervor in alle seine bunten Farbspektren. Von Gelb zu Rosa über Rot und Violet zu einem bläulichen Schimmer hinein in die helle Pracht unseres Zentralgestirns, das am Horizont nach und nach sichtbar wird.
So ein farbenprächtiger Sonnenaufgang begeistert mich immer wieder aufs Neue. Oft wünschte ich, meine künstlerischen Fähigkeiten wären größer und ich könnte dieses bewegende Geschehen in all seiner Tiefe und emotionalen Bandbreite auf eine Leinwand bannen. Festhalten, um es immer wieder direkt vor Augen zu haben. Zur Hand nehmen zu können. Den Aufbruch hoffnungsvollen Neuen greifbar machen. Vielleicht gerade dann, wenn das Licht zu fehlen scheint. Wenn die Nacht sich im realen, wie im übertragenen Sinne wieder endlos hinzieht und alle Wege im Schatten liegen.
Der erste Schein des Morgens berührt mich auf zwei Ebenen. Zum einen ist das Gestern vergangen. Zum anderen steht das Heute vor der Tür und nimmt langsam Fahrt auf. Es ist der Umbruch zwischen gestern und morgen im hier und jetzt und damit mit einer besonderen Wirkmacht ausgestattet. Das aufgehende Licht bricht das Dunkel und richtet auf neue Wege aus.
Bei der Betrachtung aktueller Weltlagen, im Nahen wie im Fernen, den Herausforderungen, die sich so manches Mal herabsenken, wie dunkle Nächte, und keine Optionen erkennen lassen, strecke ich mich nach einem neuen Morgen. Nach dem farbenfrohen Licht, das Erkennen ermöglicht. Helles Licht, in dem alles anders scheint und die Drohungen des Dunkels beschienen werden. Sich neue Wege zeigen und das Morgen den Schrecken verliert.
In diesen Momenten klingt in mir Jesajas Zusage, die er uns bis heute macht, ganz hell und klar:
"Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir." Jes. 60, 2
Besser als jedes Gemälde eines Sonnenaufgangs macht mir Jesajas Zusage klar, dass das Gestern vom Licht des Einen Gottes beschienen sich anders darstellt und das Morgen nicht nur die richtigen Wege bereithält, sondern sie mir auch offenbart.
Es grüßt Sie herzlich
Daniel Schmidt
Superintendent KK SOL
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