Es heißt „Auf die Würde. Fertig. Los.“, „Sieben Wochen ohne…“, „Sieben Wochen anders“, „Sáum“ oder „Mahir“. Am heutigen Aschermittwoch beginnt die Passionszeit und mit Ihr für viele auch eine besondere Zeit der Einkehr, des Verzichts, der Konkretisierung eigener Bedürfnisse und Lebensumstände, landläufig „Fasten“ genannt. Oft verbunden mit dem Gedanken an Essensverzicht, hat sich die jahrhundertealte ganzheitliche Übung des Fastens in den letzten Jahrzehnten – besonders in der evangelischen Tradition – gewandelt.
Eine Zeit bewussten Verzichts. In einer Gesellschaft, in der Essen und Trinken nicht mehr das Hauptaugenmerk alltäglichen Lebens einnehmen, hat sich auch der Fastenfokus verschoben. Alkohol und Süßes sind als Genussmittel noch an die Nahrung angelehnt – Soziale Medien, Fernsehen, Computerspiele entstammen dem Freizeitgestaltungsbereich. Der Verzicht auf Tratsch, schlechte Gedanken, üble Nachrede, Vorurteile, Vorwürfe usw. zeigen die ganze Bandbreite der bewussten Verzichtübung. Die Individualität des Verzichts spiegelt die Individualität der Gesellschaft und der Menschen in ihr wider. Was brauche ich zum Leben, steht als Frage Pate für die Übung der Enthaltsamkeit. Allen gemein ist die bewusste Entscheidung, einen Schritt zurückzutreten und das eigene Leben, den Lebenswandel, Entscheidungen und den eigenen Alltag bewusst zu hinterfragen.
Zu einer solchen Verzichtübung und dem Nachdenken über das, was ich im Leben brauche und das, was ich im Lebe will, gehört neben dem körperlichen Aspekt auch die geistige, die spirituelle Dimension. Wer bin ich? Wer und wie will ich sein? Hier ist der Anlass des Fastens immer auch gleichzeitig die Orientierung für die eigenen spirituellen Fragen in dieser Zeit. Die heute beginnende Passionszeit bereitet auf das Osterfest vor. Das Fest, das das Leben feiert. Die Erfahrung des einen Gottes, der durch seinen Weg das Leben ganzheitlich in eine neue Perspektive stellt. Endlichkeit wird ernst genommen und letztlich in die Auferstehung transzendiert.
Unter dem Blick der Endlichkeit und der gnädigen Liebe Gottes, die Schuld tragen und lösen hilft, können eigenes Versagen bedacht und neue Lebenswege in den Blick genommen werden.
Das Fasten bietet Raum für Erkenntnis an Leib und Seele.
Probieren Sie es bewusst aus und sehen Sie, wo es Sie hinführt.
Einen gesegneten Auftakt der Passionszeit wünscht Ihnen
Daniel Schmidt
Superintendent Ev. Kirchenkreis Schlesische Oberlausitz
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