Endlich Sommer, endlich warm. Ich mag das Barfußlaufen - wenn man seinen Untergrund spürt, die Wärme des Sandes oder die Hitze des Asphalts, wenn Gras kitzelt oder Steinchen piksen. Wenn es sich echter anfühlt zu laufen, als wenn man mit Schuhen einfach so rasch von einem zum anderen Ort huscht. Wenn man barfuß unterwegs ist, dann muss man anders gehen. Da muss man hinschauen, wo man welchen Schritt hinsetzt. Man spürt gleich, wenn man fehlgetreten ist. Das Laufen geht dann nicht im selbstsicheren Modus des Stechschritts. Barfuß-laufen ist langsamer und bewusster. Man rechnet damit, dass man sich verletzten kann an dem, was auf dem Weg liegt oder, dass man sich stößt. Barfuß ist man bewusster unterwegs und verletzlich.
„Komm nicht näher! Zieh deine Sandalen aus, denn du steht auf heiligem Boden.“ sagt Gott zu Mose (Ex 3,5). In der Wüste vor dem Feuer muss sich Mose entblößen, um Gott zu begegnen. Er muss seine Verletzlichkeit und seine Scham offenlegen, um offen zu sein für Gottes Verheißung und seine Berufung. Ich glaube, hier geht es gar nicht um die Schuhe, sondern um das sich entblößen. Erst wenn wir unsere innere und äußere Rüstung – unseren alltäglichen Schutz – ablegen und uns offen und schutzlos in Gottes Hand geben, spüren wir die Hingabe und Fürsorge, mit der er uns begegnet. Erst dann werden wir Gottes liebender Seite gewahr. Vielleicht haben wir das manchmal vergessen. Denken, dass wir uns selbst schützen können, dass wir alles in der Hand haben und das verstecken könnten, was uns an uns selber schämt oder Angst macht. Aber es ist Gott, der uns Sicherheit gibt und der uns unsere Scham und Angst nimmt. Seine Liebe überwindet alles und wenn´s der Tod ist.
Zieh deine Sandalen aus, denn du steht auf heiligem Boden. –Vielleicht lohnt es sich das wieder mal auszuprobieren. Zeih deine Schuhe aus und zeig dich von deiner verletzlichen Seite mit allen Ängsten und jeder Scham, die Gott heilt. Denn der Boden wird heilig, weil mir Gott begegnet und weil ich mich nackt und bloß von Gott getragen erlebe. Wem das zu riskant ist und wer lieber die Socken und Schuhe anbehält, der versuche es aber mal innerlich - abgerüstet und verletzlich in der Stille mit sich - im Gebet mit Gott.
Es grüßt Sie herzlich Pfarrer Karl Naumann aus Ruhland |