Halloween und Reformationstag – Konkurrenz oder Chance?
Am Ende des Monats Oktober treffen in unserem Kalender zwei sehr unterschiedliche Sprachen aufeinander: Die fröhlich-schaurige von Halloween und die nachdenklich-freie des Reformationstages. Viele fragen: Passt das zusammen?
Historisch steht „Halloween“ für „All Hallows’ Eve“, den Vorabend von Allerheiligen. In alten Bräuchen mischen sich die Erinnerung an Vergänglichkeit und die Hoffnung, dass Gottes Licht stärker ist als jede Finsternis. Kinder ziehen verkleidet durch die Straßen, Türen gehen auf, Süßes wird geteilt – und hinter dem Spaß steckt eine uralte Frage: Was mache ich mit meinen Ängsten?
Der Reformationstag gedenkt daran, dass Martin Luther am 31. Oktober 1517 95 Thesen veröffentlichte – nicht um zu spalten, sondern um zu erneuern. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ (Gal 5,1): Das Evangelium spricht Menschen Mut zu, Gewissen zu entlasten und Kirche immer wieder am Wort Gottes auszurichten. Auch hier geht es um Angst und Vertrauen: Nicht die Angst treibt uns, sondern die Gnade.
Man muss Halloween nicht lieben. Aber wir können als Christinnen und Christen die Nacht bewusst gestalten: mit offenen Türen, freundlichen Gesichtern und einem Licht im Fenster. Ein geschnitzter Kürbis kann mehr sein als Dekoration – vielleicht leuchtet darin ein Kreuz oder ein Herz. Wer klingelt, bekommt natürlich etwas Süßes; wer mag, bekommt dazu einen kleinen Segensgruß: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir“ (Jes 41,10). So wird aus „Süßes oder Saures“ ein Moment der Gastfreundschaft.
Und wir feiern Reformation: im Gottesdienst, im Gebet, im Dank für die Freiheit, die Christus schenkt. Vielleicht stellen wir in diesen Tagen beides nebeneinander: die Kerze im Kürbis und die offene Bibel. Beides erzählt – auf unterschiedliche Weise – von Licht in der Dunkelheit. Die Reformation ruft uns, Gottes gute Nachricht verständlich in unsere Zeit zu übersetzen. Genau das können wir am 31. Oktober üben: freundlich, furchtlos, zugewandt.
So wird der Tag kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch: Wir nehmen die Fragen unserer Nachbarschaft ernst und bezeugen zugleich die Hoffnung, die in uns ist. „Ecclesia semper reformanda“ – Kirche bleibt in Bewegung. Und Gottes Licht bleibt an.
Pfarrer Kevin Houghton
Evangelische Versöhnungskirchengemeinde Görlitz
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