Herbstsymposium Worthaus.org: „Das Judentum verstehen – Herausforderung und Chance für den christlichen Glauben“ vom 30. Oktober bis 2. November 2025

Vom 30. Oktober bis 02. November fand im „Kulturforum Görlitzer Synagoge“ das Herbstsymposium des Vereines Worthaus e. V. statt. Der Titel Tagung lautete „Das Judentum verstehen. Herausforderung und Chance für den christlichen Glauben“.

Rabbiner Dr. Asher J. Mattern referierte u. a. über „Eine rabbinische Perspektive auf die Menschlichkeit des Menschen“, wobei er Einsichten in die rabbinische Exegese des biblischen Textes lieferte. Dabei betonte er die Wichtigkeit der sogenannten „mündlichen Tora“ für die jüdische Bibelauslegung und für die jüdische Lebensgestaltung im Allgemeinen. Hierbei handelt es sich um mündlich überlieferte Weisungen und Auslegungen zu der sogenannten „schriftliche Tora“, die die ersten fünf Bücher der Bibel umfasst. Das rabbinische Judentum geht davon aus, dass Mose am Berg Sinai beide Formen der Tora übermittelt bekommen hat. Die mündliche Tora wurde ca. ab dem 3. Jh. verschriftlicht und ist Bestandteil der Mischna innerhalb des Talmuds, eines umfangreiches rabbinischen Textkorpus. In einem weiteren Vortrag ging der Rabbiner auf den Umgang mit diesen talmudischen Texten ein, wobei er u. a. anschaulich erklärte, wie die Sabbatruhe zu verstehen sei und ihre Umsetzung praktisch erfolgen könne. In seinem Abschlussvortrag entwickelte Rabbiner Dr. Mattern einen Gedankengang über den Religionsbegriff und zeigte auf, wie christlich dieser geprägt sei. Ursprünge sehe er zum einen in dem Verständnis und der Auslegung der Aussage des Paulus im Brief an die Gemeinde in Rom im 10. Kapitel „Denn Christus ist des Gesetzes Ende, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.“.[1] Zum anderen unterstrich er die für ihn christliche Verbindung von Religiosität mit dem Glauben, was aus jüdisch rabbinischer Perspektive, nicht maßgeblich wäre. Beispielhaft fragt er: „Wer ist religiös? Ein Jude, der nicht glaubt, aber die Gesetze hält? Oder ein Jude, der glaubt, aber die Gesetze nicht hält?“ Rabbiner Dr. Mattern stellt klar heraus, dass die Einhaltung des Gesetzes für das orthodoxe-rabbinische Judentum nach wie vor die Grundlage seiner Religiosität sei.

Prof. Dr. Matthias Morgenstern referierte u. a. über „Die Trennung der Wege: Wie Juden und Christen sich entfremdeten“. Dabei machte er deutlich, dass sich sowohl das rabbinische Judentum der Gegenwart als auch das heutige Christentum auf ein antikes Judentum bezögen. Eine Trennung der Religionen kristallisierte sich an verschiedenen Punkten heraus und war seiner Meinung nach erst Ende des 5. Jhs. n.Chr. abgeschlossen. Auf dem Symposium wurde auch über „Jüdische Kultur und Religion vom Deutschen Kaiserreich bis zum ‚Dritten Reich‘“ referiert und ausführlich auf die Situation der jüdischen Gemeinde in Görlitz eingegangen. Des Weiteren war auch ein Vortrag über „Jakob Böhme und die Kabbala“, eine jüdisch-mystische Tradition, zu hören. Prof. Dr. Thorsten Dietz, einer der Hauptreferenten von Worthaus, sprach über „Christliche[n] Antisemitismus in der Theologie und seine Überwindung“. Alle Beiträge können in einigen Monaten nachgehört oder angesehen werden.

Reinhören und Reinsehen bei Worthaus lohnt sich für alle, die Fragen zum und an den Glauben haben. Worthaus e. V. wurde 2010 unter der Zielstellung gegründet, aktuelle Debatten und Forschungsmeinungen der christlichen Hochschultheologie vielen Menschen auch unabhängig eines Studiums der christlichen Theologie zugänglich zu machen. Die Inhalte sollen möglichst unterhaltend und gut verständlich vermittelt werden. In der Regel findet jedes Jahr eine Worthaus-Tagung statt, deren Beiträge im Nachgang als Audio- oder Videoformat auf den bekannten Kanälen zur Verfügung gestellt werden.[2] Außerdem gibt es noch einen Podcast mit Prof. Dr. Thorsten Dietz und Martin Hünerhoff, der unter dem Titel „Das Wort und das Fleisch. Ein Atlas der Christenheit“ über die Entwicklungen sowie verschiedenen Strömungen und Konfessionen des Christentums aufklären will. „Mit einem Ziel: Mehr Kenntnis, mehr Respekt, mehr fundierte Kritik.“[3]


[1]     Übersetzung: Luther 2017.

[2]     Siehe Worthaus.org

[3]     Siehe https://wort-und-fleisch.de/

Text: Pfarrerin Katharina Ende

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Worthaus